- Artikel-Nr.: NN127
Heidnische Klänge aus den Tiefen der finnischen Wälder! Pauanne entdecken die lange verschüttete nicht-christliche Tradition in der finnischen Folkmusik wieder. Das Trio um Kukka Lehto hat in Helsinki tief in den Musikarchiven gestöbert und ist dort auf interessantes Material aus dem frühen 20. Jahrhundert gestoßen. Und hat einen reichen Schatz an Anregungen gehoben! Deftige Flüche finden sich in ihrem musikalischen Repertoire ebenso wie lange vergessene Hirtenlieder. Aus Sicht der Amtskirche ist diese Volksmusiktradition durchaus sündhaft: Denn hier findet sich auch aufmüpfiges Liedgut, das sich über die langweilige Sonntagspredigt des Pastors lustig macht. Das selbst betitelte Debütalbum von Pauanne überrascht mit respektlosen, rauen Weisen, die mit nostalgisch-gemütlicher Volksmusik so gar nichts zu tun haben.
Für Komposition und Arrangements zeichnen die Violinistin und Keyboarderin Kukka Lehto und der Keyboarder Tero Pennanen verantwortlich. Die erfahrenen Musiker überraschen hier mit vereinzelten Progressive-Rock-Einlagen wie im feinen Track „Susiraja“. Die Drums und perkussiven Elemente vom Janne Haavisto bilden hier den rythmischen Rahmen. Das historische musikalische Archivmaterial, das hier verwendet wird, wurde von Kukka Lehto und Tero Pennanen zusammengetragen.
Pauanne leben keineswegs in der Vergangenheit: Die sanfteren Klänge von Songs wie „Rauta“ erinnern an die Lounge-Musik des Gotan Projektes. In Tracks wie „Siihen Laihin Eläny“ denkt man bisweilen an Martyn Bennett, den kanadisch-schottischen Musiker, der traditionelle keltische Musik in die Neuzeit brachte. Im begleitenden Video geht es um nichts Geringeres als um einen finnischen Hexenprozess aus dem 17. Jahrhundert. Das Vergehen, das die Obrigkeit einer gewissen Helka Niilontytär vorwirft: Heidnische Rituale im Wald vollzogen zu haben. Wer sich ein wenig gruseln möchte, ist bei dem Video genau richtig! Und Feministen und solche, die es noch werden wollen, ebenso!
Die Finnen lassen sich bei ihrem ersten Album musikalisch von alten und neuen Denkansätzen beeinflussen. „Der traditionelle Volksglaube kennt viele Praktiken, die uns aus heutiger Sicht als ziemlich exotisch erscheinen. Man sollte eigentlich davon ausgehen, dass die moderne Wissenschaft und der freie Zugang zu Informationen diesen alten Glaubenssätzen endgültig den Garaus gemacht haben. Dem ist aber keineswegs so. Denn wenn wir heute Magazine mit ihren Horoskopen und Berichten über alternative Therapien lesen, dann ist der alte Aberglaube noch lange nicht ausgestorben. In alten Überlieferungen soll uns bekanntlich der eiserne Zaun eines Zauberers vor allem Übel schützen. Das ist auch heute mit dem geplanten Bau von massiven Grenzmauern nicht anders“, schreiben Pauanne.
Im informativen Booklet zum Album kann man ausführlich über die traditionellen Geschichten nachlesen, von denen sich die Musiker inspirieren ließen.
Pauanne haben mit ihrem Debütalbum Anfang des Jahres bei der Etno-Gaala in Helsinki auf Anhieb den renommierten Newcomer-Preis gewonnen! Die Band ist übrigens nicht wenig stolz darauf, dass sie auf Instrumenten spielen, die noch vor 100 Jahren aus Sicht der Amtskirche als sündig galten.