2023 war kein einfaches Jahr für Dobranotch, die Klezmer-Band aus Sankt Petersburg: Nach der russischen Invasion der Ukraine verließ ein Teil des Ensembles das Land und ließ sich im Exil in Deutschland nieder. Es war keine leichte Entscheidung für die Musiker. „Wir ließen Familie, Freunde und Fans zurück, ohne die Gewissheit, sie jemals wiederzusehen“, schreibt die Band. Die Hälfte der Mitglieder blieb in Russland. Jetzt legen Dobranotch mit „Vander Ikh Mir Lustik“ ein neues Album vor, das sie in Deutschland in neuer Besetzung aufgenommen wurde. Ein Instrument ist dazugekommen: Neben Geige, Klarinette, Saxophon, Banjo, Tuba und Schlagzeug findet nun auch ein Hackbrett seinen verdienten Platz auf der Bühne.
Mit ihrem neuen Album legen Dobranoch die Betonung auf ihre Wurzeln auf und überzeugen mit einer quicklebendigen Mischung aus jüdischen, moldawischen, russischen, Roma-, kaukasischen, ukrainischen und serbischen traditionellen Melodien und Liedern auf Jiddisch und Russisch. Eine Besonderheit ist die Klezmer-Version des US-Klassikers „In The Pines“, die an die Blues-Vergangenheit des Bandleaders Mitia Khramtsov erinnert. Dobranotch lieben auch das Experimentieren: Im Song „Skotchne“ integrieren sie Drum & Bass-Elemente in ihre Klezmer-Sounds.
Einige alte Freunde zieren das Album als besondere Gäste: Ilya Shneyveys, der Klezmer-Multiinstrumentalist aus New York, ist ohnehin ein häufiger Studiogast bei Dobranotch und tritt gerne live mit der Band auf. Sein Akkordeon und seine Flöten sind auf fast allen Stücken zu hören. Auch der Klezmer-Posaunist Dan Blacksberg aus Philadelphia ist dabei, und nicht zu vergessen der begnadete moldawische Trompeter Dumitru Hanganu vom Lautarii Orchester aus Chisinau. Sie verstärken die Bläsersektion mit wilden Sounds im Bessarabien-Klezmer-Style. Vadim Kolpakov, ein weiterer Gast, der früher bei Madonnas "Sticky & Sweet"-Tournee mitwirkte, ist ein Virtuose auf der russischen 7-saitigen Gitarre. Er spielt und singt zusammen mit seinem jungen Sohn Grisha das russische Roma-Lied „Vanka“.
Das wunderschöne Titelbild wurde von der in Berlin lebenden Künstlerin Elia Jaloniecki aufgenomm.
„Ich wandere mit Freude“: So lautet die Übersetzung des jiddischen Titels des neuen Dobranotch-Albums. Die Band tourt seit über 25 Jahren und hat über ein Dutzend Alben eingespielt. „Die Reise geht weiter und wir laden Sie ein, unsere Freude zu teilen“, empfiehlt das Ensemble. Die Band hat keinerlei Scheu vor anderen Genres: Ihre Klezmer-Coverversion von Rammsteins Superhit „Du Hast“ bringt es über drei Millionen Views auf YouTube. Die Band klingt auf philharmonischen Bühnen ebenso überzeugend wie auf großen Festivals. Und oft kommen die Musiker nach einem Konzert einfach von der Bühne herunter und spielen akustisch mitten im Publikum, wie es ihre Vorgänger vor hundert Jahren taten.