- Artikel-Nr.: NN177
Das estnische Folk-Ensemble Rüüt bürstet alte estnische Volksweisen einfühlsam gegen den Strich und arrangieren sie neu. Das Quartett schreibt auch seine eigenen Songs. Rüüt zelebrieren eine mystische Atmosphäre, schwelgen in nur scheinbar komplizierten Rhythmen und lieben die Präzision. Am allerwichtigsten ist der Band das Gefühl der Gemeinsamkeit. Obwohl ihre Musik auf traditionellen estnischen Weisen basiert, will sich das Ensemble nicht auf ein bestimmtes Genre beschränken, sondern sich alle Türen offenhalten. „Unsere Philosophie ist, dass jedes Stück seinen eigenen Charakter hat und die Hörer auf eine Reise durch verschiedene Klangwelten mitnimmt“, betonen die vier Rüüt-Musiker.
Das Ensemble ist bereits mehrfach auf den Bühnen der großen estnischen Volksmusikfestivals aufgetreten. Im Jahr 2015 kam das Debütalbum „Maasikille“ (übersetzt: Erdbeeren) heraus. Der Longplayer wurde bei den Etnokulbid Awards als Album des Jahres nominiert. 2017 veröffentlichte das Ensemble sein von der Natur inspiriertes zweites Studioalbum „Kadakad“ (Wacholder), das sogar drei Mal für die Etnokulbid Awards nominiert wurde.
Mit „Kiriküüt“ legen Rüüt nun ihr drittes Album vor. „Kiriküüt unterscheidet sich sehr von den Vorgängeralben. Wir klingen viel geschmeidiger als am Anfang, als wir mit zwei Akkordeonspielern und zwei Sängern experimentiert haben. Seit ein paar Jahren haben wir ein neues Mitglied an der Gitarre, und wir haben genau die Person gefunden, die wir in unserer Gruppe vermisst haben. Jetzt spiele nur noch ich das estnische Akkordeon, und bei der Hälfte der Stücke wende ich mich der Kannel zu, der alten estnischen Zither“ berichtet Bandmitglied Juhan Uppin. Dies eröffne der Band die Möglichkeit, den Klangcharakter und die Intensität zu variieren. Der Albumtitel „Kiriküüt“ ist ein altes, verspieltes Wort für eine Nachtigall. „Wir fühlen uns schon immer zu Vögeln hingezogen, sie symbolisieren etwas Wichtiges für uns. Vogelgesang kann als Musik wahrgenommen. Unser Bandname Rüüt bezieht sich auch auf einen Vogel in Estland, einen Goldregenpfeifer“, sagt Uppin.
Natürlich spielen Vögel auch auf „Kiriküüt“ eine Rolle, vor allem in der Single „Toonetuuled“: Da es früher keine wissenschaftliche Erklärung für den Vogelzug gab, erschien es den Menschen als seltsam, dass die Vögel im Herbst verschwinden und im Frühjahr plötzlich wieder auftauchen. Man glaubte, dass sie nach Toonela gehen, das die Nordleute den „Ort des Todes“ nannten. Im Frühling gab es den Brauch, dass man morgens nicht vor die Tür gehen durfte, bevor man nicht ein Stück Brot in den Mund gesteckt hatte. Dieses Brot schützte vor Krankheiten und dem Bösen, das mit den Vögeln aus Toonela kommen konnte. „Das Lied handelt davon, dass manchmal Gefahren um uns herum lauern können, aber dass wir trotzdem geschützt werden können“, schreibt die Band.
Rüüt lassen sich von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft inspirieren. Die „uralte Ebene“ stammt von traditionellen estnischen Volksliedern. „Zweitens gehört unsere Liebe der Natur, die in der heutigen Zeit die gleiche ist wie zur Zeit unserer Vorfahren. Traditionelle Musik und Natur sind untrennbar miteinander verbunden. Wir versuchen, uns in die Gedanken der Menschen hineinzuversetzen, die diese Musik früher gespielt haben. Wir erschaffen neue Musik aus natürlichen Quellen. Wir haben wir Vogelgesang transkribiert und als Melodiefragment verwendet“, erzählt Uppin. Die dritte Inspirationsquelle für die Band ist die freie Welt, mit all ihren Möglichkeiten.
Rüüt sind: Maarja Soomre (Vocals/Melodica), Maili Metssalu (Vocals/Fiddle), Juhan Uppin (Estonisches Akkordeon und Kantele) und Jaan-Eerik Aardam (Vocals, Gitarre)